ROTER MORGEN, 3. Jg., April 1969
Seit über einem Jahr steht die patriotische kurdische Bevölkerung des Iran im bewaffneten Kampf gegen den Terror des reaktionären Schah-Regimes. Die Konförderation iranischer Studenten (Nationale Union) gab kürzlich bekannt, daß schon nahezu tausend Personen in den Zuchthäusern von Teheran, Azarbaidjan, Kurdistan und Südpersien, teilweise fern ihrer Heimat, eingekerkert sind. Viele antiimperialistische Patrioten wurden schon ermordet oder hingerichtet, Wobei man sie zum Teil in Schnellverfahren aburteilte, um die Morde zu“legalisieren“. Agenten des berüchtigten Geheimdienstes SAWAK, Polizei und Militär, zerstörten Häuser von Personen, die kurdischen Widerstandskämpfern Unterkunft gewährt hatten.
Rund 6000 Mann Polizei und Militär stehen im iranischen Kurdistan. Diese Truppen bombardieren die Ortschaften der einheimischen Bevölkerung. Angesichts dieser Verbrechen griffen die Kurden zu den Waffen. Sie kämpfen nicht nur für rein kurdische Ziele (wie das Recht auf kurdische Schulen im kurdischen Siedlungsgebiet), sie kämpfen für die Befreiung desn ganzen iranischen Volkes von der Sklaverei des Imperialismus und der Reaktion.
Schon seit mehreren Jahren besteht eine enge Freundschaft zwischen den iranischen Widerstandskämpfern und deutschen Marxisten-Leninisten. Viele gemeinsame Aktionen beweisen dies. Kürzlich trat eine iranische Widerstandsorganisation mit einem Appell an das deutsche Volk an die Öffentlichkeit. Nachfolgend der Text dieses Aufrufes:
Liebe deutsche Bürger!
Wieder einmal hat das Schah-Regime im Iran zu einen ungeheuren Verbrechen gegen das persische Volk gegriffen. Während das Regime vor kurzem 17 Intellektuelle zu insgesamt 110 Jahren Gefängnisstrafe verurteilt hatte, ging es zu einem Massaker der Bevölkerung im persischen Kurdistan über:
- Tausende Kurden wurden verhaftet und nach einer „neuen Methode“ und in Konzentrationslager verschiedenenorte eingelocht.
- Laut dem Bericht von Herrn Cavallerie, dem berühmten italienischen Rechtsanwalt, sind mehr als 70 Personen vom Feldmilitärtribunal verurteilt und hingerichtet worden.
- Die Spitzel der SAWAK haben die Höfe und Häuser vieler patriotischer Kurden in Brand gesteckt und samt der Familien verbrannt. Hunderte sind von ihrer Heimat verjagt.
- Über das gesamte kurdische Gebiet hat das Regime den Ausnahmezustand verhängt. Nunmehr hat niemand vor Ausschreitung und wildem Terror der „Sicherheitsleute“ Ruhe und Sicherheit.
- Den zuverlässigen Berichten nach stehen mehrere Patrioten vor Gericht. Wir befürchten noch mehr: Erschießungen und Hinrichtungen.
- Die Leichname der Patrioten werden im Zentrum vieler Städte und Ortschaften tagelang zur Schau gestellt.
Diese und viele andere wilden und blutigen Ausschreitungen gegen die Kurden haben ihren harten Widerstandswillen keinesfalls gebrochen. Das alles hat noch einmal den bestialischen Charakter des Schah-Regimes offenbart. Der gerechte Widerstand der kurdischen Patrioten ist ein Teil des allgemeinen Widerstandes der iranischen Nation gegen Diktatur und Reaktion. Wie aus der Namensliste der Hingerichteten hervorgeht, sind mehr als 50 % von ihnen Bauern. Das zeigt, wie verlogen die sogenannte Landreform der Regierung ist. Viele andere sind Arbeiter. Einige sind Priester des mohammedanischen Glaubens und Intellektuelle.
Liebe deutsche Bürger!
Was die kurdischen Patrioten wollen – das wollen wir auch:
- statt Diktatur – Freiheit für das Volk
- statt nationale Unterdrückung – Unabhängigkeit für Iran
- statt Reaktion und Korruption – eine fortschrittliche, gerechte und korrekte Gesellschaftsordnung.
Solidarisieren Sie sich mit dem persischen Volk!
Unterstützen Sie die heldenhaften kurdischen Patrioten moralisch und materiell (Geldspenden, Arznei usw.)!
Erheben Sie Ihren Protest gegen das Blutbad von Kurdistan!
.
Anhang der Redaktion „Die Welt vor 50 Jahren“
Lest dazu auch:
Zur Information:
Kurdinnen und Kurden leben in vielen Staaten. Die meisten leben in der Türkei, im Iran, im Irak, in Syrien. Aber nach vielen Kriegen, nach Verfolgung und Massenmorden leben auch viele in Schweden, Frankreich, in den Niederlanden und natürlich in Deutschland. Auf dieser Veranstaltung lernen wir die Geschichte Kurdistans kennen. Warum gelang es 1918 nicht, einen Staat zu gründen, obwohl die Siegermächte des Ersten Weltkrieges das versprochen hatten? Wie erging es danach den kurdischen Minderheiten in der Türkei, im Iran, im Irak und in Syrien? In den Jahren haben sich verschiedene Anführer durchgesetzt. Die bekanntesten sind Abdullah Öcalan und Masud Barzani. Es gibt auch verschiedene Konzepte für die Zukunft. So streben einige Organisationen und Parteien nach einer kulturellen Autonomie, andere wollen eine staatliche Unabhängigkeit.