Faschistischer Terror auch in Würzburg

Symbolbild | Würzburg, Straßenbahn in den 1970ern | Bild: J. Kahlert

ROTER MORGEN, 6. Jg., 25. September 1972

Samstag, den 2. September.  Auf dem Dominikanerplatz in Würzburg hält eine Straßenbahn an. Ein großes Aufgebot von Polizisten umringt sie. Die Bullen stürmen mit gezogenem Knüppel in die Tram. Jeder, der dieser aufgeputschten brüllenden Horde in die Finger fällt, wird verprügelt.

Ein junges Mädchen wird von den Ordnungshütern gewürgt. Die Fahrgäste werden aus der Tram geworfen. Zwei Personen werden vollkommen willkürlich herausgegriffen und verhaftet. Was war hier los ?

Die Ordnungshüter hüteten wieder einmal die Ordnung ihrer Auftraggeber, der Kapitalistenklasse. Deren „Ordnung“ war gefährdet, weil die Ortsgruppe Würzburg der KPD/ML in Flugblättern die Bevölkerung aufgerufen hatte, sich gegen die Fahrpreiserhöhungen der „Würzburger Straßenbahn GmbH“ zur Wehr zu setzen. In Flugblättern hatten die Genossen die populäre Null-Tarif-Forderung propagiert. Schon beim Verteilen äußerten die Passanten ihren Protest gegen die neuen Ausplünderungsmaßnahmen,  und in kurzer Zeit unterschrieben 800 eine Protesterklärung. Die Partei hatte keinen Zweifel darüber gelassen, daß mit Papierresolutionen man den Kapitalisten und ihren Helfern keinen  Pfifferling abringen kann. Die KPD/ML rief für den Tag der Einführung der neuen Tarife zu Aktionen auf.

Auch wenn es unwahrscheinlich war, daß mit einer ersten Aktion die Preiserhöhung zurückgenommen werden würde: Der entscheidende Erfolg der Aktion würde die breite Aufklärung der ausgebeuteten Massen über den wahren Charakter dieses Staates der Kapitalisten sein. Auch wenn eine Forderung des Tageskampfes nicht durchgesetzt werden kann, so ist dieser Kampf doch nicht sinnlos, wenn aus ihm Schritt für Schritt das revolutionäre Bewußtsein erwächst, daß radikal mit der Herrschaft der Volksausplünderer aufgeräumt werden muß.

Am Samstag, dem 2.9., stiegen Trupps von 15 – 20 Mann in die Straßenbahnwagen ein. Sie fuhren Nulltarif und agitierten die Werktätigen, sich am Kampf zu beteiligen.

Das war die Vorgeschichte. Die Ordnungshüter kamen zu Dutzenden und griffen gerade dort an, wo Passanten waren, die vorher nicht über das Ziel der Aktion aufgeklärt worden waren.  Die Bullen wüteten unter den zufriedenen Augen der bürgerlichen Schreiberlinge von der „Main-Post“, die vorher bereits zur Besichtigung eingeladen waren. Eingeladen war auch ein Notarztwagen, der aber Schwerverletzte einfach liegenließ.

Aber schildern wir weiter, wie die Kapitalistenknechte mit den beiden Verhafteten verfuhren. Denn morgen kann es jedem von uns so gehen, der nur für das bescheidenste Recht kämpft.

Obwohl sie keinen Widerstand leisteten, wurden die beiden Verhafteten zusammengeschlagen und in den Gefängniswagen geschleift. Einer von ihnen bekam das nicht mehr mit: Er war schon ohnmächtig. Unbeteiligte Passanten berichteten, wie im Gefängniswagen weiter auf die Festgenommenen eingeschlagen wurde. Die neue SA der BRD hatte auch auf der Wache in der Augustinerstraße noch nicht genug und schlug weiter.

Die Bullen waren gezwungen, den Polizeiarzt zu holen, da die Verletzungen der Gefangenen ernst waren. Der Polizeiarzt Dr. Heinrich machte seinen Vorgängern in den KZ von Auschwitz alle Ehre: Er bescheinigte den blutenden Gefangenen „volle Gesundheit“. Auch die verlangten Schmerzmittel verweigerte er.

Am nächsten Montag erschien die Lokalpresse und wollte den Lesern weismachen, daß „wieder einmal“ Demonstranten Polizisten angegriffen hätten. Und auch die Justizbüttel des Kapitals werden das Ihre tun, damit diese „Wahrheit“ bestätigt wird und die Verhafteten ins Gefängnis wandern.

Morgen kann es jeden treffen !

War die Aktion ein Mißerfolg? Nein, das Gegenteil! Die Massen erlebten mit eigenen Augen, wer ihr Freund und wer ihr Feind ist. In den Großbetrieben Würzburgs wurden die Arbeiter über die wirklichen Ereignisse durch Flugblätter und Betriebszeitungen der KPD/ML informiert.

In dem Kampf gegen den Polizeiterror, gegen die wachsende Faschisierung werden neue Arbeiter und Werktätige eingereiht. Auch die geplante „Verurteilung“ der beiden Verhafteten wird zu einer Verurteilung der bürgerlichen Klassenjustiz werden. Jeder Angriff der Bourgeoisie wird zum Bumerang.

Die werktätigen Massen haben selbst gesehen, daß eine entschlossene Vorhut, die KPD/ML gebraucht wird. Die KPD/ML unterstützt den Kampf der Arbeiterklasse für ihre Tagesinteressen und hat der herrschenden Klasse und ihren Handlangern den unerbittlichen Kampf angesagt.

Die Kämpfe in Würzburg haben gezeigt: Der faschistische Terror bedroht jeden. In München waren es jene, die zum Kampf gegen den Imperialismus und seine Raubkriege aufriefen. Dort wurden bei der Demonstration zum Antikriegstag am 2. und 3. September 12 Demonstranten verhaftet. Sie sitzen seither in Untersuchungshaft (s.S. 12). In Würzburg wurden auch jene durch die Polizeibanden angegriffen, die „nur“ entschieden für ihre wirtschaftlichen Interessen kämpften.

Der Kampf für die Freilassung aller politischen Gefangenen, in München wie in Würzburg, verbreitert sich. Die Kampffront gegen das Kapital und seine Handlanger wächst unaufhörlich.

Haupttendenz Revolution – auch in der BRD !    

 

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