Roter Morgen beschlagnahmt

Dieses Bild ist kein Bestandteil des vorliegenden Artikels des ROTEN MORGEN.

ROTER MORGEN, 6. Jg., 23. Oktober 1972

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Verfahren gegen Genossen Ernst Aust wegen Verfassungsbruch und Zersetzung der Bundeswehr

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Abschrift des Fernschreibens an die Hamburger Behörde

Vom hiesigen Amtsgericht wurde unter dem Aktenzeichen 2 GS 145/72
nachfolgender Beschluß verfügt:

 

– Beschluß –

 2 GS 145/72

In dem Ermittlungsverfahren gegen Ernst Aust, 2 Hamburg, Carl-Bremer-Ring 19

Wegen Verdacht der Zersetzung wird die Beschlagnahmung der bei dem Beschuldigten Aust sowie bei den noch nicht bekannten Verteilern in Plön und den von diesen benutzten Kraftfahrzeugen und schließlich bei den Wehrpflichtigen und anderen Soldaten des Pionierbataillons 6 in Plön vorhandenen Flugblätter der KPD/ML, beginnend mit den Worten: „Im Ernstfall: Dreht die Gewehre um“ und endend mit „Hinein in die ROTE GARDE und den KSB/ML“ (Impressum ist hierbei nicht berücksichtigt worden) angeordnet, weil die genannten Schriften als Beweismittel für die Untersuchung gegen die Beschuldigten und andre von Bedeutung sein können und auch der Einziehung nach Paragraph 41 StGB unterliegen (Paragraph 94 StPO, Paragraph 13 Landespressegesetz).

Darüberhinaus wird die Durchsuchung

  1. a) der Wohnung des Beschuldigten Aust in Hamburg, Carl-Bremer-Ring 19,
  2. b) der Verteilerpersonen und evtl. von diesen benutzten Fahrzeugen in Plön gemäß Paragraph 102 StPO angeordnet, weil zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln, hier Schriften der genannten Art, führen werden.

Der Beschuldigte ist verdächtigt, auf Angehörige der Bundeswehr planmäßig einzuwirken, um deren pflichtmäßige Bereitschaft zum Schutze der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder der verfassungsmäßigen Ordnung zu untergraben, und sich dadurch absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand oder die Sicherheit der BRD oder Verfassungsgrundsätze einzusetzen (Paragraph 89 StGB), indem er an die heute zum Wehrdienst einberufenen Soldaten des Pionier-Bataillons 6 in Plön Flugblätter oben genannter Art verteilen ließ, in welchen er selbst als der für den Inhalt Verantwortliche bezeichnet ist.

Plön, den 2. Oktober 1972
Das Amtsgericht
Amtsgerichtsrat

Der Beschluß erstreckt sich auf die Flugschrift „Im Ernstfall: Dreht die Gewehre um“ und die Zeitschriften „ROTER MORGEN“ Nr.8 vom 10.4. 1972, Nr.15 vom 31.7.1972, Nr.18 vom 11. 9. 1972 sowie die Sonderausgabe Mai 1972

Um Durchsuchung der Wohnung des Beschuldigten Ernst Aust, 2 Hamburg, Carl-Bremer-Ring 19, wird gebeten.

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Das Flugblatt: ‚Im Ernstfall: Dreht die Gewehre um!‘ wurde an Rekruten verteilt, die Anfang Oktober in die Bundeswehr einrücken mußten. Darin wurde aufgezeigt, wem diese Bundeswehr einzig dient: den Imperialisten, und gegen wen sie gerichtet ist: gegen fremde Völker wie gegen das eigene Volk.

Diejenigen, die heute wieder Kommunisten für Jahre hinter Kerkermauern stecken wollen, sind die gleichen, die bereits 1918 Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg ermorden ließen, weil sie der deutschen Jugend zuriefen: Krieg dem imperialistischen Krieg. Laßt euch nicht für die Profite der Reichen hinschlachten! Dreht die Gewehre um!

Die Arbeiter und Bauern waren diesem Aufruf in der Novemberrevolution gefolgt. Sie drehten die Gewehre um, und begannen mit Ausbeutern und Kriegstreibern abzurechnen, die sie 4 lange Jahre im Schützengraben bluten ließen. Aber die Gewehre wurden nicht von allen und nicht entschlossen umgedreht. Die deutsche Novemberrevolution scheiterte. Die Kriegsgewinnler und ihre Staatsmänner und Generäle festigten ihre Herrschaft auf einem Meer von Arbeiterblut.

Und schon bald wurde zu einem neuen Raubzug aufgerufen. Und wieder waren es Kommunisten, die als erste riefen: Krieg dem imperialistischen Krieg. Zerschlagt dieses System des Hungers, der Entrechtung und des Massenmordes. Dreht die Gewehre um!

Der unvergessliche Führer der deutschen Arbeiterklasse, Ernst Thälmann, wurde von den Handlangern der Krupp und Thyssen in den Kerker geworfen und ermordet.

Soll sich nun das gleiche Spiel wiederholen? Nein! Jetzt ist genug.

„Arbeiter! Schon einmal hat deine Frau im Rüstungsbetrieb geschuftet und dein Sohn mußte fallen, damit die Aktien der Herren Krupp und Thyssen steigen. Was hat sich am Wesen des Imperialismus denn in den 30 Jahren geändert? Kämpfe mit uns am 1.Mai gegen die Aggressionsvorbereitungen des westdeutschen Imperialismus!“

Das schrieben wir auf einem Flugblatt des Roten Morgen am 1. Mai! Ernst Aust, der Vorsitzende unserer Partei, zeichnet dafür verantwortlich im Sinne des bürgerlichen Gesetzes. Genosse Ernst Aust soll dafür hinter Gitter.

Die Anschläge der Klassenjustiz gegen deutsche und ausländische Revolutionäre, gegen die marxistisch-leninistische Bewegung, vor allem gegen die KPD/Ml haben einen neuen Höhepunkt erreicht: Hausdurchsuchung beim 1. Vorsitzenden der KPD/ML, Genossen Ernst   Aust, Jagd nach Flugblättern und ROTEN MORGEN in den Kasernen, Beschlagnahme von 4 Nummern des ROTEN MORGEN und ein Ermittlungsverfahren wegen Paragraph 89 StGB (Zersetzung der Bundeswehr und Verfassungsverrat, Höchststrafe lebenslänglich!). Da kann sich keiner mehr Illusionen über die Verbotsvorbereitungen durch die Bonner Monopolherren machen. Wer heute davon spricht, der westdeutsche Imperialismus sei so stabil, daß er Faschisierungsmaßnahmen nicht nötig habe, wer die Terrormaßnahmen des Monopolkapitals verniedlicht, wer die Illegalisierungsbestrebungen abstreitet und stattdessen davon faselt, die KPD/ML und andere revolutionäre Organisationen ‚fieberten der Illegalität entgegen‘ und hätten einen ‚Illegalitätsfimmel‘ wie es die Häuptlinge der Intellektuellengruppe ‚KPD‘(AO) machen, will die reaktionären Maßnahmen des westdeutschen Imperialismus verschleiern und die Arbeiterklasse in die Irre führen. Aber die Arbeiterklasse wird sich von solchen Betrügern nicht in  die Irre führen lassen!

Nur der Griff der Massen zum Gewehr schafft den Sozialismus her!

In den beschlagnahmten Nummern unseres Zentralorgans ROTER MORGEN wird der Klassencharakter der Bundeswehr klar aufgedeckt, wird der Kapitalistenklasse der konsequente Kampf für ihren Sturz angesagt. Die Arbeiter und Werktätigen sind aufgerufen, ihre Waffen umzudrehen und sie kompromiß- und bedingungslos gegen die Kapitalistenklasse anzuwenden!  So etwas hört natürlich das Ausbeuterpack nicht gerne, dabei wird ihm Angst und Bange. Wenn die Herrenklasse meint, sie könne uns durch Polizeiüberfälle und dergleichen von unserem Weg abbringen, so sagen wir ihnen klar:

„Das Rad der Geschichte könnt ihr nicht aufhalten und auch nicht zurückdrehen, ein erneutes 1933 wird euch auf keinen Fall gelingen. Euer Untergang ist absolut gewiß.“

Der Imperialismus wackelt schon – Haupttendenz ist Revolution!

Im ROTEN MORGEN Nr.19 heißt es:

„Genossen! Unsere Partei hat nie daran gezweifelt, dass die Zeit der Legalität der KPD/ML eine kurze Zeit sein wird. Noch sind keine vier Jahre seit der Gründung der Partei vergangen, und schon müssen wir uns darauf gefaßt machen, morgen bereits ohne die Möglichkeiten der Legalität zu arbeiten. Die KPD/ML, die revolutionäre Partei der Arbeiterklasse soll demnächst verboten werden.“

Wir Bolschewisten wissen, daß die Revolution kein Deckensticken ist. Wir kennen die Gefahr des Kapitulantentums, die schnurstracks den Weg zum Revisionismus, zum Verrat an der kommunistischen Idee führt. Wir haben aus der Geschichte der KPD gelernt. Die KPD/ML wird keinen Zollbreit von ihrer revolutionären Linie abweichen, um sich so die ‚Legalität zu erkaufen‘. Dem Kapitulantentum und dem Revisionismus wird ein noch entschiedener Kampf angesagt.

Wenn der Feind uns bekämpft, so ist das gut und nicht schlecht!

Trotz KPD-Verbot – Deutschland wird rot!

Der Kommunismus läßt sich nicht verbieten!

Vorwärts mit der KPD/ML!

Bereits 1965 wurde Genosse Ernst Aust wegen Hochverrat angeklagt. Damals war er noch Mitglied der illegalen KPD. Da er als aufrechter Kommunist anerkannt war, gab es eine große Solidaritätsbewegung in der Arbeiterschaft Hamburgs. Tausende Arbeiter, aus dem Hafen, aus den Fabriken, von den Verkehrsbetrieben marschierten durch die Hamburger Straßen.

Die Klassenjustiz war gezwungen, die verhängte Gefängnisstrafe auf Bewährung auszusetzen.

Und heute? Heute wird ein Prozess gegen Genossen Ernst Aust, ein Prozess gegen die KPD/ML, ein Prozess gegen alle marxistisch-leninistischen Kräfte und Organisationen, auf noch breiteren Widerstand treffen.

Wir rufen alle Genossen und Leser des ROTEN MORGEN zur Solidarität mit der KPD/ML und ihrem 1. Vorsitzenden, Genossen Ernst Aust auf. Wir werden den Kampf aufnehmen und nicht um Gnade winseln. Wir fordern alle fortschrittlichen Organisationen auf, sich in diesen Kampf einzureihen.

Auge um Auge, Zahn um Zahn

Nieder mit dem Justizterror! Freiheit für Ernst Aust!

Freiheit für alle politischen Gefangenen!

Schluss mit der Verfolgung und Kriminalisierung kommunistischer und anderer fortschrittlicher Organisationen!   

 

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