Selbstkritik des 1. Zentralkomitees der KPD/ML

ROTER MORGEN, 6. Jg., 17. Januar 1972

Auszug aus Roter Morgen 17. Januar 1972, Selbstkritik des 1. Zentralkomitees der KPD/ML

Spaltung der Partei durch die Dickhut-Weinfurth-Genger-Gruppe

Anfang 1970 bildete sich im Landesverband Nordrheinwestfalen eine rechtsopportunistische Fraktion. Dieser Rechtsblock setzte sich hauptsächlich aus Gruppen zusammen, die bei ihrer Aufnahme einige Zeit nach der Parteigründung noch keineswegs einen festen und klaren marxistisch-leninistischen Standpunkt vertraten. Trotzdem wäre ihre Aufnahme tragbar gewesen, wenn ein konsequenter ideologischer Kampf gegen ihre Abweichungen und eine scharfe Kontrolle über ihre politische Tätigkeit erfolgt wäre. Die eine Gruppe wurde von Dickhut geführt, der, aus der KPD kommend, noch vielen revisionistischen Ballast mit sich schleppte. Die zweite Gruppe um Weinfurt stammte aus der antiautoritären Schülerbewegung und war noch stark von den typischen kleinbürgerlichen anarchistischen Tendenzen dieser Bewegung geprägt. Die gemeinsame politische Plattform dieses rechtsopportunistischen Blocks setzte sich im wesentlichen aus folgenden Positionen zusammen: extremer Spontaneismus, der sich ausdrückte in der Herabminderung der Bedeutung der revolutionären Theorie und in der für die gegenwärtige Phase völlig subjektivistischen Aktionslosung „kühn die Millionenmassen des Proletariats mobilisieren“. Paktiererpolitik gegenüber der DKP, die folgendermaßen theoretisch begründet wurde: „Und was den Antirevisionismus betrifft, so ist es heute nicht mehr unsere Aufgabe, den Revisionismus zu schlagen, sondern die Sozialdemokratie.“  (aus der Rede auf der Gründungsversammlung des KJVD, 25. 4. 1970), Menschewismus in der Organisationsfrage, der sich in einem Programm des Parteiaufbaus von unten nach oben ausdrückte. Ökonomismus, indem das Vorantreiben und Anleiten des ökonomishen Kampfes zur entscheidenden Aufgabe gemacht wurde.

Auf der Grundlage dieses rechtsopporunistischen Programms betrieb der Dickhut-Weinfurt-Block eine Fraktionspolitik gegen das Zentralkomitee. Zu diesem Zweck nahmen sie in „ihrem“ Landesverband Nordrheinwestfalen die Gengergruppe statutenwidrig in die Partei auf. Es handelte sich bei diesen Leuten (die heutigen Führer der Gruppe Rote Fahne Bochum) um eine trotzkistisch beeinflußte Studentengruppe die „strategische Bündnisse mit der DKP“ und den Kampf gegen die „Maoisten“ in der KPD/ML zu ihrem Programm erklärt hatten.

Die Tatsache, daß es dem ZK nicht gelang, solche parteifeindlichen und opportunistischen Tendenzen erfolgreich zu bekämpfen, sondern daß im Gegenteil diese Fraktion sich im wichtigsten Landesverband der Partei zu einer starken Gruppierung mit einer knappen Mehrheit entwickeln konnte, hätte für das ZK ein Alarmzeichen sein müssen. Spätestens jetzt hätte das ZK die wichtigste Ursache einer solchen Entwicklung erkennen müssen, um die Partei vor größerem Schaden zu bewahren: nämlich die mangelhafte Führung des ideologischen Kampfes.

Das war aber nicht der Fall. Daraus ist es zu erklären, daß der Kampf, den die Partei gegen die rechtsopportunistischen Fraktionisten führte, bereits zum Ausgangspunkt einer neuen Gefahr werden konnte: die beiden Schriften in der Auseinandersetzung mit den Rechtsopportunisten „Bauen wir eine starke bolschewistische Partei auf“ und „Plattform des Zentralkomitees“ enthielten, auch wenn sie in der Hauptseite korrekt waren, ganz bestimmte schwerwiegende Fehler und Zweideutigkeiten, die die Grundlage für die spätere Haerausbildung des menschewistischen Liquidatorentums darstellten: erstens wird die Rolle der revolutionären Intelligenz beim Parteiaufbau überbewertet, was in der Tendenz heißt, daß die führende Rolle des Proletariats in Zweifel gezogen wird; zweitens Tendenzen zu einer sektiererischen Position, nämlich die Partei weitgehend isoliert von den Massen und ihren Kämpfen aufzubauen.

Wir können folgendes aus diesen Fehlern lernen: wenn der ideologische Kampf nicht bewußt und aktiv geführt wird, dann kommt es unvermeidlich dazu, daß das ZK und die gesamte Partei sich an die spontane Entwicklung anpaßt, die durch den Einfluß der kleinbürgerlichen Elemente geprägt ist, kommt es dazu , daß die korrekte proletarische Linie schließlich aufgeweicht und mit opportunistischen Abweichungen durchsetzt wird.

Unter diesen Bedingungen konnte es nicht gelingen, die opportunistischen Kräfte vollständig zu isolieren und die schwankenden Genossen zu überzeugen. Da die Spalter durch die Hervorhebung dieser „links“sektiererischen Abweichungen in der Partei demagogisch von ihrer rechtsopportunistischen Linie ablenken, gelang es ihnen, ehrliche Genossen, vor allem aus der ROTEN GARDE, zu verwirren und auf ihre Seite herüberzuziehen.

         

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